Plötzlich ist alles weg, nichts ist ärgerlicher als das. Besonders trifft dies auf zentrale Institutionen zu. Aktueller Anlass ist meine Suche nach einer Quellenüberlieferung zum „Verband der Deutschen Industrie-Designer“ (VDID). Der Verband wurde 1959 von sieben westdeutschen Industriedesignern in Stuttgart gegründet. Er besteht bis heute, hat viele Mitglieder_innen und ist fest verankert in der bundesdeutschen Designlandschaft. Für die Designgeschichte in der Bundesrepublik, speziell für das Industriedesign, ist der VDID der zentrale Interessenverband. Er war und ist einer der wichtigen Orte, in dem über die Bedürfnisse, Anforderungen, Berufsbilder, Neuerungen und Zukunftsvisionen im Bereich Design diskutiert werden.
So groß die Bedeutung des VDID für eine designhistorische Forschung ist, so schwierig verhält sich sein Quellenkorpus, wobei hier wenigen literarischen und noch weniger archivalischen Überlieferungen entgegenstehen. Auf Bundesebene lassen sich zumindest über die Zeitschrift „form“, welche eine verbandsinterne Beilage des VDID enthielt, und die Zeitschrift „VDID-extra“ (ab 1972) die bedeutendste Entwicklung und Diskussion im Verband nachzeichnen. Hinzu kommen beispielsweise Kataloge zu Ausstellungen, bei denen der VDID bzw. eine VDID-Regionalgruppe mitwirkten, sowie die mehrfach publizierten „VDID Designer Porträts“ in den 1980er Jahren, welche viele Designer_innen des Verbands jeweils kurz vorstellten und öffentlich bekannt machen sollten. Ergänzt wird dies durch wenige historische Arbeiten, wie dies beispielsweise Christian Marquart „Industriekultur – Industriedesign“ 1994 tat. Verbandstypisch werden zu verschiedenen Jubiläen ebenfalls Beiträge publiziert, zuletzt zum 50-jährigen Bestehen des VDID. Diese in der Summe nicht gerade üppige Literatur zum Verband der Deutschen Industrie-Designer ist u.a. in der Bibliothek des Rats für Formgebung oder teilweise in der Neuen Sammlung München problemlos zugänglich. Bedauerlich bei diesem Ganzen ist hingegen eher das Fehlen wichtiger gedruckter Quellen. Pressemitteilungen, Flugblätter und Denkschriften lassen sich so gut wie gar nicht finden.
Wesentlich schlechter ist hingegen die Archivsituation zum VDID. Der Verband hat – meines Wissens – kein eigenes Archiv noch bei einem staatlichen Archiv bzw. einem Museum einen eigenen Bestand. Im Staatsarchiv Ludwigsburg, das einige Akten des Design Center Stuttgart besitzt, als auch im Stadtarchiv Stuttgart finden sich zum VDID höchstens Presseausschnittssammlungen. Auch private Nachlässe scheinen in diesem Punkt wenig weiterhelfen zu können. Im Bestand von Mia Seeger sind kaum Archivalien zur Geschichte des VDID auffindbar. Das Firmenarchiv von Robert Bosch bemüht sich bis jetzt – erfolglos – um Unterlagen, Objekte und Autographen des leider kürzlich verstorbenen Erich Slanys. Als Mitgründer des VDID und prägender Gestalter für Bosch könnte man hier am ehesten noch eine Parallelüberlieferung erwarten. Andere Nachlässe, die durch eine Parallelüberlieferung für die VDID-Historie sein könnten, bestehen bis jetzt noch nicht. Generell existiert eine systematische Sammlung zum VDID in Stuttgart – nach meinem derzeitigen Kenntnisstand – in Stuttgart nicht, obwohl der Verband ja in der baden-württembergischen Landeshauptstadt gegründet und in das dortige Vereinsregister eingetragen wurde. Ob dieser Umstand über längere Zeit so bleibt, ist ungewiss. Für die Designgeschichte in der Bundesrepublik wäre es sicher schon heute wünschens- und erstrebenswert, diese „Quellenlücke“ zum Verband der Deutschen Industrie-Designer zu schließen.