Digitale Quellen zur deutschen Designgeschichte

Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Arbeitswerkzeugen sind heute in der Historiker-Zunft Grundvoraussetzungen für die eigenen Tätigkeiten. Die digitale Zugänglichkeit von Wissen, seien es Fachliteratur, Bildquellen oder audiovisuelle Dokumente, werden dabei ebenfalls zunehmend wichtiger. Die Ideen, Ansätze und auch Lösungen sind hierbei vielfältig, der Trend „alles online zu stellen“ verstetigt sich scheinbar. Viele spannende, wichtige und witzige Zugänge finden sich beispielsweise bei den Projekten dem Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte. Aber was hat die Designgeschichte davon und welche Möglichkeiten werden derzeit angeboten?

Designgeschichte fristet an der deutschen Universitäts- und Hochschullandschaft ein Schattendasein – beispielsweise im Vergleich zu Großbritannien. Verwunderlich ist es daher kaum, dass die Anzahl der digitalen Projekte zur deutschen Designgeschichte eher begrenzt sind. Trotz allem gibt es viele Ansätze, deren Ideen und Umsetzungen sicherlich gelungen sind. Einen dezidierten Quellenblog zur deutschen Designgeschichte, wie beispielsweise der Blog „Napoleon auf der Spur“, gibt es (derzeit) leider noch nicht.

Eine der wichtigsten Online-Präsentation zur bundesdeutschen Designgeschichte ist sicherlich www.frauen-hfg-ulm.de. Zusammen mit dem Buchprojekt „Frauen an der hfg ulm“ (2007) wurde unter der Leitung von Gerda Müller-Krauspe diese Internet-Domain entwickelt. Ziel ist es hier die Gründerin, Studentinnen, Mitarbeiterinnen und die sehr wenigen Dozentinnen der ehemaligen Hochschule für Gestaltung mit Kurzbiographien und Werkphotographien zu präsentieren. Ähnlich wie das Buch wird neben dem kollektivbiographischen Ansatz auch die Unterrichtsklasse an der HfG, wie beispielsweise „Produktgestaltung“ oder „Visuelle Kommunikation“, unter Aspekten der Geschlechter beschrieben. Einen anderen, ebenfalls vielversprechenden Weg wählte ein Team um Robert Lzicar an der Hochschule für Künste Bern. Unter mappingswissgraphicdesignhistory.ch wird die Geschichte des Schweizer Graphik-Designs mit Zeitstrahl zu Publikationen und Interviews von wichtigen Gestalter_innen präsentiert. Zwar befindet sich die Seite noch im Aufbau, was jetzt schon sichtbar ist, weiß zu überzeugen. Dieser eingeschlagene Weg bietet Potential für viele weitere Anwendungsbeispiele.

Für die tägliche Arbeit am eigenen Schreibtisch ist auch der Zugang zu digitalisierter Literatur, besonders von gedruckten Quellen, von unschätzbarem Vorteil. Die digitale Sammlung der Weimarer Bauhaus-Universität hat beispielsweise schon einige Zeitschriften und Buchpublikationen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht. Teilweise digitalisiert sind etwa auch einige Ausgaben der ostdeutschen Designzeitschrift „form + zweck“. Bedauerlicherweise ist das Online-Archiv der westdeutschen „form“ schon länger offline. Es bleibt zu hoffen, dass die Jahrgänge zwischen 1956 und 1990 dieser wichtigsten bundesdeutschen Designzeitschrift wieder online verfügbar sein werden. Die Zeitschrift „ulm“ der ehemaligen HfG Ulm wurde in einem Projekt von Gui Bonsiepe wieder digital zugänglich gemacht , wenn auch leider die einzelnen Beitrage durch fehlende Originalangaben wie Seitenzahlen nicht zitierbar sind.

Eine andere digitale Präsentation aus dem Umfeld der HfG Ulm ist der Vorlass von Nick Roericht. Das ganze Wirken von Roericht wird auf dieser Seite in Verbindung mit vielen Abbildungen und seiner eigenen Bibliothek präsentiert. Auf ähnliche Art und Weise werden beispielsweise die Ideen und Texte von Lucius Burckhardt auf www.lucius-burckhardt.org zugänglich gemacht. Die beiden Graphiker Gunter Rambow und Helmut Schmid stellen ebenfalls ihre Arbeiten und Entwürfe aus mehreren Jahrzehnten bereit. Eine dezidierte Bilddatenbanke zum Thema Design ist das „digitale design archiv“ aus Dessau, welches in das Bildarchiv für Forschung und Lehre „Prometheus“ integriert ist. Die private Fotosammlung von Günter Höhne mit über 1.500 Abbildungen zum Thema DDR-Design ebenfalls eine gute Adresse für das ostdeutsche Design zwischen 1945 und 1990.