Zwei Länder waren bei der Gründung des Verbandes der Deutschen Industrie-Designer: Baden-Württemberg und Großbritannien. Mit etwas „Wortkunst“ lässt sich daher formulieren, dass der frühe VDID von Entwicklungen in B(aden-Württemberg)&B(ritannien) geprägt war – wobei Bed&Breakfast für die tägliche Arbeit sicherlich ebenso von Bedeutung war. Der VDID wurde in zwei konstituierenden Sitzungen am 05. bzw. 17. April 1959 in Stuttgart gegründet. Diese Initiative für einen Berufsverband für alle Industriedesigner in Westdeutschland ging von einer Gruppe von Gestaltern in Baden-Württemberg aus. Es ist wenig verwunderlich, dass sich der Verband in der Landeshauptstadt am Neckar konstituierte und nicht an einem anderen Ort in der noch jungen Bundesrepublik. Denn der frühe VDID war von Personen aus dem Bindestrichland im Südwesten geprägt.
Die Mitglieder des ersten Vorstandes lebten Ende der 1950er Jahre im weiteren Umkreis von Stuttgart. In dem Vorstand wurden folgende Personen gewählt:
1. Vorsitzender: Hans Th. Baumann (Schopfheim in Baden),
Geschäftsführer: Günter Kupetz (Geislingen an der Steige),
Schriftführer: Arno Votteler (Stuttgart),
Schatzmeister: Erich Slany (Esslingen am Neckar),
ordentliches Vorstandsmitglied: Rainer Schütze (Heidelberg).1
Mindestens ebenso wichtig war die Teilfinanzierung durch das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg. Besonders große Unterstützung im Bezug auf juristisches Fachwissen und Finanzmittel erfuhr der VDID in seiner frühen Phase durch den LGA-Präsidenten Josef Thuma und seinen späteren Nachfolger Karl Reuss.
Das zweite Land, welches prägend für die Gründung des VDID wurde, war Großbritannien. Die sieben Gründer des VDID wählten für ihren Verband nicht zufällig das Wort „Design“. Statt den damals üblicheren Begriffen wie „Formgebung“ oder „Gestaltung“ orientierten sie sich bewusst an Entwicklungen im angelsächsischen Sprachraum. Als Grundlage für die eigene Designdefinition wählte der VDID die Präzisierung von Paul Reilly (1912-1990) – langjähriger Mitarbeiter und Direktor des Council of Industrial Design in London – und nicht etwa den Alternativvorschlag eines Designverständnisses in Anlehnung an den US-Amerikaner Harold van Doren (1895-1957). Ausschlaggebend war auch, dass der weltweite Dachverband der Industriedesigner ICSID sich ebenfalls auf diese Definition von Industriedesign geeinigt hatte.
An diesem Beispiel Großbritannien wurde jüngst gezeigt, wie Designgeschichte und Digital Humanities konstruktiv zusammengebracht werden können. In ihrem Beitrag „Exploring the Disciplinary Reach and Geographic Spread of the British Design Professions 1959-2010“ zum Digital Humanities Congress von 2012 untersucht nämlich Leah Armstrong zusammen mit ihren Kolleg_innen die Entwicklung der britischen Designer seit Ende der 1950er Jahre. Mit Hilfe von computer-analytischen Werkzeugen bearbeiteten sie Verbandsprotokolle, Mitgliederkarten und Publikationen auf und zeigen dadurch in ihrem Beitrag, wie die geographische und zeitliche Verteilung der CSD-Mitglieder war. Besonders interessant ist dabei, dass die Chartered Society of Designers als Nachfolgerin der Society of Industrial Artists and Designers (SIAD) alle Formen von Designerberufen in sich vereinte. Im Gegensatz zu den bundesdeutschen Berufsverbänden sind daher alle Gestalterprofessionen in einem britischen Dachverband vereint und nicht wie beispielsweise beim VDID, BDG oder VDMD in separaten Verbänden. Armstrong et al. zeigt zusätzlich über ein „Heat Map Visualisation“-Werkzeug, wie sich die CSD-Mitglieder zeitlich und geographisch über Großbritannien verteilten.
Wenig überraschend bildet hierbei der Großraum von London das Zentrum. Würde man ein solches Projekt beispielsweise für den VDID durchführen, so wäre ein solches Zentrum – wie oben – angedeutet in der Frühphase aller Wahrscheinlichkeit nach Stuttgart.1) Informationen für die Mitglieder des Verbandes DID, Nr. 1. vom November 1959, S. 1.