The article „West German Industrial Design – Die Anfänge nach 1945“ in the prominent form magazine in Nr. 282 on pp. 78-82 is out on sale now.
Rat für Formgebung
Günter Fuchs: Ingenieur und Designtheoretiker
Heute vor 110 Jahren wurde der Ingenieur und Designtheoretiker Günter Fuchs (1907-1984) in Schwarzenbach an der Saale geboren. Der Sohn eines Lehrers und einer Fabrikantentochter besuchte im nahen Nürnberg das Gymnasium. Nach seinem Abitur und einem Praktikum bei der Siemens AG in Nürnberg, studierte Fuchs ab 1926 an der Technischen Hochschule München Maschinenbau. Nach seiner erfolgreichen Diplomprüfung 1930 gründete er zusammen mit seinem Vetter Hans Summa eine Kohleofenfabrik. Unter der Firma Summa Feuerungen GmbH wurden auf dem großväterlichen Fabrikgrundstück in Schwarzenbach an der Saale Koks-Dauerbrand-Öfen entwickelt. 1932 heiratete er die Studienfreundin und Kunsthistorikerin Erika Fuchs (1906-2005), geborene Petri, welche mit ihren Übersetzungen der Walt Disney-Comics nach 1945 deutsche Literaturgeschichte schrieb.
Nach dem Tod von Hans Summa 1935 führte Günter Fuchs die Firma als alleiniger Geschäftsführer weiter. 1941 wurde Fuchs dann zur Wehrmacht als Truppeningenieur eingezogen. Als Regimentsingenieur diente er dann bei der Panzerarmee von Guderian während dem Überfall auf die Sowjetunion. Während dieses sogenannten Russlandfeldzugs verbesserte Fuchs Luftfilter oder entwarf Heizkessel für Panzer. 1943 wurde er damit den Bauvorbereitungen für Prüfstände beauftragt, an denen Raketentechniken von Wernher von Brauns Arbeitsgruppen getestet werden sollten. Am V2-Programm sollte Fuchs bis zum Ende des 2. Weltkriegs mitarbeiten. Über eine Inhaftierung oder ein Spruchkammerurteil ist hierbei jedoch nichts bekannt.
Nach dem 2. Weltkrieg baute er sein Ofen-Unternehmen in Schwarzenbach an der Saale wieder auf. Gleichzeitig – und hierbei ist er für die bundesdeutsche Designgeschichte ein wichtiger Akteur – engagierte er sich bei der Neugründung vieler Design-Institutionen. Schon 1947 beteiligte er sich an der Neukonstituierung des Werkbunds Bayern. 1952 wurde er in das Kuratorium der Neuen Sammlung München berufen. Parallel half er bei der Gründung des Hauses Industrieform in Essen, wurde Mitglied im Kulturkreis sowie später im Gestaltkreis des BDI und engagierte sich beim Arbeitskreis für industrielle Formgebung des Verein Deutscher Ingenieure. 1958 gründete er im Auftrag des Bayerischen Landesgewerbeamts Nürnberg das Faber-Institut für technische Gestaltung, welches sich speziell der Formgebung von technischen Produkten widmen sollte. Fuchs gehörte darüber hinaus dem VDI-VDMA-Gemeinschaftsausschuss Technische Formgebung, dem Vorstand des Rats für Formgebung, des Kulturkreises und des Gestaltkreises an.
Neben solchen Aktivitäten in Designinstitutionen hielt Fuchs ab 1956 Vorlesungen und Übungen zum Thema ,Technische Morphologie‘. Im Auftrag des BDI bot er zuerst für Studierende der TH München solche Kurse an. Ab 1968 waren diese Lehrveranstaltungen Teil der Curricula am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik und für eine interessierte Öffentlichkeit zugänglich. 1973 erhielt Fuchs für seine Arbeit an der TH München dann eine Honorarprofessur. Diese Kurse von Fuchs fanden in enger Verbindung zur Siemens AG statt. Denn dort traf der Chefdesigner Edwin A. Schricker auf das Problem, dass ausgebildete Industriedesigner häufig eine längere Einarbeitungszeit bei ihrem Berufsbeginn benötigen. Die Veranstaltungen von Günter Fuchs sollten dabei helfen, solche Defizite möglichst zu vermeiden oder rasch ausbessern zu können. Für viele Design-, Ingenieurs- und Architektur-Studierenden, wie beispielsweise den Wuppertaler Design-Professor Odo Klose, war Fuchs daher ein wichtiger Vermittler von gestalterischen Fähigkeiten.
Denn ein zentrales Thema für Fuchs war die Verbindung von ingenieurwissenschaftlichem Arbeit und dem Industriedesign. Er sah sich dabei meist als Fremdling, da er es zeitgenössisch ungewöhnlich war als Ingenieur ästhetische Fragen zu stellen. Ebenso betrachteten die Designer ihn häufig als Techniker, der von gestalterischen Fragen in seinem Bildungswerdegang im Prinzip keine Kenntnisse besaß. Fuchs agierte daher schon früh an der Schnittstelle von Ästhetik und Konstruktion. Hierbei problematisierte er regelmäßig Fragen zur Produktgestaltung, die nicht nur von ästhetischen Theoriemodellen ausgingen.
Betrachtet man daher Günter Fuchs und seinen Werdegang nach der NS-Diktatur, so bieten sich am Beispiel seiner Biographie für eine designhistorische Forschung viele Möglichkeiten an, das Interagieren von Gestaltungs- und Konstruktionsfragen zu klären. Eine ausführlichere Betrachtung von Fuchs, seinen Tätigkeiten an den verschiedenen westdeutschen Designinstitutionen sowie seiner Arbeit als Dozent könnte hierbei als Beispiel dienen, wie nach dem sogenannten Wirtschaftswunder Themen zwischen Industriedesign und Ingenieurwissenschaften verhandelt wurden. Die Unterlagen zu Günter Fuchs im Stadtarchiv Hof, im Unternehmensarchiv der Siemens AG und in der Registratur der TU München bieten hierfür eine geeignete Quellenbasis.
Ernst Schneider: Ein Industrieller und Designförderer
Ernst Schneider (06.10.1900-22.09.1977) war in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine der prägenden Figuren in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte. Am Anfang seines beruflichen Werdegangs wurde Schneider 1925 als promovierter Jurist Direktionsassistent bei der Kohlensäure-Industrie AG. Im Jahr 1932 wurde er Teilhaber des Konzerns, der seine Unternehmensaktivitäten in den pharmazeutisch-kosmetischen Bereich ausgebaut hatte. Nach der erzwungenen Emigration des Firmengründers aus Deutschland übernahm Schneider 1933 alle Firmenbeteiligungen seines ehemaligen, jüdischen Partners. Jedoch sollen beide ein geheimes Übereinkommen über die spätere Rückgabe der Anteile gehabt haben. Die noch heute existierende Mundwasser-Marke ,Odol‘ war dabei das bekannteste Produkt aus Schneiders Firmenkonglomerat.
Parallel zu seinen Tätigkeiten als sogenannter Industrieller war Schneider von 1949 bis 1968 Präsident der IHK zu Düsseldorf in der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Von 1963 bis 1969 leitete er als Präsident den wichtigen Deutschen Industrie- und Handelstag. Zur Zeit der ersten großen Koalition im Bund war Schneider einer der zentralen Akteure bei wirtschaftspolitischen Themen. Da sein Wort in Bonn großes Gewicht hatten, war Schneider ein gern gesehener Gast bei Interviews oder Diskussionen in der damaligen, westdeutschen Presselandschaft.
1967 verlieh ihm die Landesregierung von Nordrhein- Westfalen einen Professorentitel und 1969 wurde er für seine Verdiente mit dem großen Bundesverdienstkreuz geehrt. Schneider war darüber hinaus ein passionierter Porzellansammler, sodass er beachtliche Stücke zur Geschichte des Meisner Porzellans erwerben konnte. Dieses Hobby und die

Bildrechte bei dem Bayerischen Nationalmuseum München, Lizenz: CC0 1.0 Universell (CC0 1.0)
Sammlung von zeitgenössischer Kunst pflegte er nach seinem Rücktritt 1969. Mit dem Freistaat Bayern kam er überein, dass er seine Sammlung als Dauerausstellung zum Porzellan dem Bayerischen Nationalmuseum übermachte. Diese ist noch heute in Lustheim beim Schloss Oberschleißheim der Öffentlichkeit zugänglich.
Obwohl Schneider kein Designer von Beruf war, ist er für die bundesdeutsche Designgeschichte dennoch von Bedeutung. Denn Schneider mehre wichtige Positionen inne hatte, so war er beispielsweise Gründungsmitglied und erster Vorsitzender des Gestaltkreises (1965-1977. Gleichzeitig leitete er als Präsident den Rat für Formgebung (1963- 1977) und war ebenso Mitgründer sowie Vorsitzender des IDZ Berlin (1969-1977) tätig. Neben diesen drei wichtigen Stellungen war Schneider darüber hinaus bei vielen Initiativen, beispielsweise zu Fragen der Designer-Ausbildung, beteiligt. Besonders half er mit seinen vorzüglichen Verbindungen in die Bundespolitik, dass Probleme der Gestalter in Bonn Ernst genommen wurden.
Die Überlieferung an Quellen zu Ernst Schneider verteilt sich auf mehrere Archive, das Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv zu Köln bewahrt besonders viele Unterlagen von ihm aufbewahrt. Ob ein historisches Unternehmensarchiv von Schneiders Firmen ein Nachlass oder Ähnliches existiert, ist leider gegenwärtig nicht bekannt.
German Industrial Design in the Holy Land – A Short Overview on Israeli-German Design-Relations
German Industrial design in the holy land was quite unthinkable after 1945. But since the 1960s designers from Israel and Germany came again in touch. In this short overview I will discuss the relations of the West German Industrial designers to Israel from the 1960s to the 1980s. I will argue, that personal relations were much more important than institutional connections, as one might think.
The beginning of the diplomatic relations between Israel and the FRG in the year 1965 was a kind of a breakthrough. After the Shoah relation with Germany, as the country of the enemy, was a controversial topic in the Israeli society. With the first steps of the Reparations Agreement from 1952, Adenauer and Ben Gurion laid the basics for diplomatic relations in the future. They came thirteen years later by a diplomatic agreement between Bonn and Tel Aviv. With this it became easier for privates or economical connections between West Germany and Israel. It is also important to mention that East German design was hardly unknown, because the GDR had no connections to Israel. East Berlin supported the so-called PLO, like the USSR and other countries from the Eastern Block did, and had no diplomatic relations to Tel Aviv.

Visit of Konrad Adenauer in Tel Aviv, May 1966, Bundesarchiv, B 145 Bild-P092350, CC-BY-SA 3.0
Industrial Design was far away from being the post important point at the cultural or economical relations between the two countries. But anyhow, in the 1960s the design connections started growing. They are an interesting point for a transnational design history to study, how the relation between two states came in touch. I will show in the following two parts, that the relationship between these two countries was more based on personal than on institutional connections.
Institutional Connections
First a lot of West German politicians, industrialists, and designers in the 1960s were very much interested in a connection. Looking into the historical sources, the national socialism, the Shoah or the Second World War, were neither not used as a references nor even mentioned. The Germans as well as the Israelis were much more interested in a design exchange of ideas and goods, bounded with an economical connection. Even after Israel became a member of the International Council of Industrial Design Societies in 1969, the industrial designers of both countries came regularly together.
But after the Six-Day-War in 1967 things went more difficult for German design in Israel. After that, many West German companies were frightened to present their consumer goods in Israel, because they expected as a result a boycott by Arabian states. The Yom Kippur War from 1973 made things even worse, so West German companies and authorities became more careful with their engagement in Israel.
This is also example to show, that a design network had not to go via institutions but can use the personal networks. Because the personal than the institutional connections characterized more the design relations between Israel and the FRG. For example the German Design Council – as state founded institution – planed to show an exhibition in Israel since the end of the 1960s.1 The financial support should come from the Federal Foreign Office in Bonn. In particular Gustav Stein – managing director of the German Design Council and member of the West German Parliament – pushed the idea of a design exhibition in Tel Aviv and Jerusalem forward. But the idea was postponed many times. The background was the fear of a boycott by Arab countries, if companies would present their goods in Israel. So they asked the authorities in Bonn and the German Design Council to postpone the exhibition until the idea was dropped. Till the end of the Berlin Wall, there was no Israel or German design exhibition, it first changed after the German reunification.
Personal Connections
Now in the second part, I will give some example how a personal network between Israel and the FRG brought the industrial designers from the two states together. This is important, because as I would argue, most of the connections between Israeli and West German since the 1960s came on a personal way via designers themselves. In the following I will give three examples from each decade to visual this.
In the year 1965 the “form” – the most important West German magazine at that time – published a first reportage on Israeli design. In it Moshe Kohen described the current status of industrial design in Israel. The country was characterized by a lot of migration, thus the Israeli authorities had to build fast but with quality a new livelihood for newcomer in the Holy Land. Following the author design had a very strong position in fulfilling this task. Beside that, the reportage informed the West German readers about the institutions, universities, and the economical situation, the Israeli designer were dealing with in the 1960s.2 It was remarkable, that historical references of design history – one might immediately think about the Bauhaus architecture in Tel Aviv or German architecture sights in Jerusalem or Haifa – were not mention in this article or else where later.
The design connection between Israel and West Germany put on current issues and not reflection history. For example, the article author Moshe Kohen was part of the most important design school in the FRG. Kohen graduated in 1963 at the Hochschule für Gestaltung Ulm. His diploma thesis in the field of product design was on dishes, supervised by Gert Karlow, Leonard Bruce Archer and Horst Rittel.3 Thus Kohen was an design expert, who was trained in Southwest Germany and worked later in Israel. So Kohen is one example for the personal network between both countries. It is a pity, that his binational design biography is not in the focus of the design history till today.
Another prominent example is the visit of 1973 by Julius Posener – by this time head of the German Werkbund – together with Wend Fischer – director of the Neue Sammlung in Munich – and Wilhelm Wagenfeld – a famous German product designer.4 The three important German designers were invited to an exhibition vernissage in Jerusalem, where the design by Wagenfeld was shown to an Israeli audience. All three were also guests at the new permanent exhibition on Israel design in the Israel Museum. Posener wrote fascinated about the welcome address by Teddy Kollek, the famous major of Jerusalem by that time. Especially the biography of Posener could be worth to have a look at, because he was forced to emigrate after 1933 to Palestine due to the National Socialism in Germany and later came back to Germany. Via Posener there could be a strong connection between i.e. the German Werkbund and Israel, but this needs more archival research in the Posener Archive in the Academy of Arts Berlin.
The last example is the personal exchange in design education. The Siemens designer Jens Reese gave in the end of the 1980s a design seminar series at the famous Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem. In these seminars he taught his ideas of creativity methods. Especially his visual permutation methods – a kind of elemental design method – were widely asked by the Israeli design students. Reese was also interviewed by the “form” on his impressions about Jerusalem, Israel and the design there. He gave an interesting overview on Israel design education, difference between continental Europe and the Holy Land as well as his experiences from the design courses at Bezalel.51 Rat für Formgebung, Tätigkeitsbericht 1970, pp. 15.
2 Kohen, Mosche (1965): Briefe aus Tel Aviv – Design in Israel, in: form (31), p. 10-11. Very similar to that was the article Steiner, Simon D. (1966): Design in Israel, in: Industrial Design (5), pp. 68-71.
4 Posener, Julius (1973): Besuch in Jerusalem, in: Werk und Zeit (7), p. 7.
5 See Unknown (1986): Spinner gesucht, in: form (114), p. 78 and Reese, Jens (1988): Mit traumwandlerischer Sicherheit gestalten… in: form (121), pp. 23-25.
Gustav Stein: Politiker, Kunst- und Designförderer
Gustav Eugen Stein (19.04.1903-21.10.1979) wurde 1903 in Duisburg geboren. Nach dem Abitur und einer kaufmännischen Lehre studierte er Rechtswissenschaft in Tübingen, Köln und Münster. 1929 legte er sein Referendarexamen und 1933 sein Assessorexamen in Berlin ab. 1934 ging er als Rechtsanwalt an das Oberlandesgericht in Köln. Und von 1939 bis 1945 leitete er als Prokurist die pharmazeutische Tropon-Werke Köln. Nach dem 2. Weltkrieg erhielt Stein von der britischen Besatzungsmacht den Auftrag zur Gründung des Landesverbands Nordrhein der Chemischen Industrie und 1948 wurde er dann Geschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie in der Bundesrepublik. Ab 1957 war Stein Hauptgeschäftsführer im Bundesverband der Deutschen Industrie, den er von 1963 bis 1968 als geschäftsführendes Vorstandsmitglied leitete. Parallel zu dieser Tätigkeit war er ebenso Gründungsmitglied und jahrelanges Vorstandsmitglied der Staatsbürgerlichen Vereinigung e.V., welche später in den 1980er Jahren in mehrere Parteispendenaffären verwickelt war. Zugleich saß Stein von 1961 bis 1972 für die CDU im deutschen Bundestag und nahm dort Funktionen im Wirtschaftsausschuss wahr. In diesem Zusammenhang wurde Stein daher von vielen Designern achtsam als einen „l’homme politique“ bezeichnet.
Parallel zu diesen Tätigkeiten gründete Stein 1951 zusammen mit Theodor Heuss den Kulturkreis im BDI, den er über mehrere Jahrzehnte leitete. Diese Vereinigung von westdeutschen Industriellen engagierte sich besonders bei der Förderung zeitgenössischer und NS-verfolgter Künstler. Stein selbst war ein ambitionierter Sammler und trug eine reichhaltige Sammlung an Gegenwartskunst in seinem Haus in Honrath bei Bergisch Gladbach zusammen. Seit 1958 übernahm er verschiedene Lehraufträge an der Kunstakademie Düsseldorf. Soweit es aus den Akten in Düsseldorf hervorgeht, scheint er vor allem Exkursionen für Studierende in nordrhein-westfälische Kunstmuseen oder zu sich nach Honrath angeboten zu haben. 1963 wurde er darüber hinaus zum Professor für die Soziologie der Künste berufen. Für den deutschen Bundestag gründete Stein eine eigene Kunstsammlung. Gleichzeitig förderte er den westdeutsch-israelischen Austausch und bereiste mehrmals das Heilige Land. Dabei setzte er sich Anfang der 1970er Jahre mehrmals für eine bundesdeutsche Designausstellung in Israel ein, die jedoch nie zu Stande kam. Einer der Gründe war, dass westdeutsche Industrieunternehmen Boykottaufrufe gegen ihre Waren fürchtete, wenn diese in Israel gezeigt werden würden. Neben diesem transnationalen Engagement war er zeitweise Vorsitzender der Freiherr von Stein-Gesellschaft, einem Vorfahren von ihm.
Gleichzeitig zu seinem Engagement für zeitgenössische Kunst beteiligte sich Stein bei drei Designinstitutionen. Er war Mitbegründer des Gestaltkreises im BDI 1965 und dort als Geschäftsführer besonders für die Spendenakquirierung sowie finanzielle Zuwendungen zuständig. In diesem Kreis kamen ähnlich wie im Kulturkreis westdeutsche Industrielle zusammen, die für verschiedene Designinstitutionen und -aktivitäten in der Bundesrepublik spendeten. Darüber hinaus war Stein beim Rat für Formgebung von 1968 bis 1973 als geschäftsführendes und später als normales Vorstandsmitglied aktiv. Dazu führte Stein ebenfalls ab 1969 das IDZ Berlin bis zur Berufung von François Burkhardt 1971 und saß auch dort in den zentralen Leitungsgremien. Als Jurist, Kaufmann, Politiker und Lobbyist besaß Stein keine praktischen Fähigkeiten im Designbereich, jedoch engagierte er sich vielfach für die sogenannte Designpolitik in der Bundesrepublik. Er bezog daher immer wieder zu designspezifischen Themen Stellung (konventionelle bzw. XML-basierte Design-Bibliographie) und setzte sich bei anderen Politikern für Aspekte der industriellen Formgebung über alle Parteigrenzen hinweg ein. Für eine bundesdeutsche Designgeschichte ist Stein deshalb wichtig, da er als Akteur bei vielen Designinstitutionen in den 1960er und 1970er Jahren tätig war. Neben Ernst Schneider und Philip Rosenthal war er einer der zentralen Persönlichkeiten an der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft und Design.
Ernst-Jörg Kruttschnitt hatte Gustav Stein daher als „Wirtschaftspolitiker, Parlamentarier, Kunst- und Designförderer [und als] ein Mann der Aufbaujahre der Bundesrepublik“ bezeichnet. 1 Stein verstarb 1979 auf der Jahressitzung des Kulturkreises in Lüneburg. Die Anzahl der Trauerbekundungen für Stein und deren prominenten Autoren ist beachtenswert:
von Bohlen und Halbach, Berthold (1979): Trauerrede für Gustav Stein, in: Gustav Stein zum Gedanken, hrsg. vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Köln.
Braun, Günter und Burkhardt, François (1979): Todesanzeige Gustav Stein, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 26.10.1979.
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (1979): Todesanzeige Gustav Stein, in: Handelsblatt, vom 24.10.1979.
Carstens, Karl (1979): Beileid zum Tode von Professor Stein, in: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung, vom 26.10.1979.
Giachi, Arianna (1979): Ein Kunstfreund – Zum Tode von Gustav Stein, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 23.10.1979.
von Hassel, Kai Uwe (1979): Trauerrede für Gustav Stein, in: Gustav Stein zum Gedanken, hrsg. vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Köln.
Kulturkreis im BDI und Gestaltkreis im BDI (1979): Todesanzeige Gustav Stein, in: Handelsblatt, vom 24.10.1979.
Rat für Formgebung (Hrsg.) (1979): Tätigkeitsbericht 1978-1979, Darmstadt.
Rosenthal, Philip (1979): Todesanzeige Gustav Stein, in: form (88), S. 79.
– (1979): Todesanzeige Gustav Stein, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 26.10.1979.
Wagner, Herbert H. (1979): Eine großzügige Förderung für die gesamte Kunst, in: Handelsblatt, vom 23.10.1979.
Im Jahr 1983 wurde eine Mappe mit 34 Graphiken und einer Gesamtauflage von 150 Stück produziert. Sie trägt den Titel „Hommage à Gustav Stein“ und sollte als künstlerische Erinnerung an Steins lebenslanges Engagement verstanden werden.
Die Überlieferung zu Gustav Stein ist vergleichsweise schlecht. In dem Archiv für Christlich-Demokratische Politik, dem BDI-Archiv, dem Archiv des Deutschen Bundestags und dem Archiv der Kunstakademie Düsseldorf lassen sich zwar vereinzelt Quellen zu Stein finden, qualitativ und quantitativ sind diese jedoch vergleichsweise unbefriedigend. Ob ein persönlicher Nachlass von Gustav Stein existiert, ist leider nicht bekannt.
1) Kruttschnitt, Ernst Jörg (1973): Das Porträt: Stein – der anstieß, in: design report, vom 27.04.1973.