Arianna Giachi: Die Design-Journalistin

Arianna Giachi (1920-2011) wurde in Davos geboren und studierte in München, Florenz und Freiburg Philologie. In Freiburg wurde sie bei Hugo Friedrich mit einer Arbeit Dante Alighieri promoviert. Nach dem 2. Weltkrieg kam sie 1946 als Literatur-Redakteurin zu der Zeitschrift „Gegenwart“. Seit 1958 lebte Giachi als freie Journalistin in Frankfurt am Main und übersetzte ungefähr 30 Bücher von Pavese bis Natalia Ginzburg aus dem Italienischen ins Deutsche.

Als freie Literatur- und Kunstkritikerin der FAZ kam Giachi seit Ende der 1950er Jahre mit dem aufkommenden Thema Design in Berührung, welches sie über Jahrzehnte kritisch begleitete. Besonders in den 1970er und 1980er Jahren verfasste Giachi für die FAZ viele Beiträge zu Designthemen in der Bundesrepublik. Hierbei besprach sie beispielsweise aktuelle Ausstellungen oder Buchprojekte die sich mit dem Thema ,Design‘ beschäftigten. Daher sind ihre Texte für designhistorische Darstellungen zur „Bonner Republik“ von großer Bedeutung. Denn Giachis Berichterstattung wurde unter den Zeitgenossen vielfach rezipiert und ihr Urteil war zum Teil „gefürchtet“. Ihre Beiträge bieten daher einen reichhaltigen Überblick zu Themen im westdeutschen Industriedesign der Zeit. Für eine Kurzbibliographie von Giachi zum Thema Industriedesign siehe diese Literaturlisten (fertige Bibliographie/XML-Ausgabe)

Neben ihrer publizistischen Arbeit engagierte sich Giachi beispielsweise im Werkbund und wurde 1970 erstmals in den Vorstand des Hessischen Werkbunds gewählt. Im Jahr 1972 untersuchte Giachi im Auftrag des Rats für Formgebung die angestoßenen Reformen der Designer-Ausbildung. Dieser sogenannte Giachi-Bericht zur postulierten „Designer-Ausbildungskrise“ bildete eine zentrale Diskussionsgrundlage für die Reform der Design-Curricula Mitte der 1970er Jahre.

1993 erhielt Giachi für ihre publizistische Lebensleistung den Preis des Deutschen Kunsthandwerks. Zusammen mit beispielsweise Elke Trappschuh und Gisela Brackert war Giachi eine der bekanntesten westdeutschen Designkritikerinnen. Arianna Giachi verstarb 2011 in Frankfurt am Main. Leider befindet sich kein persönlicher Nachlass von Giachi im Frankfurter Stadtarchiv, der ihre Verdienste für die historische Forschung zugänglicher machen würde.

Die „Designer-Ausbildungskrise“ der 1970er Jahre

Es heißt jede Generation müsse eine Bildungsreform durchstehen. Anfang der 1970er Jahre traf es die angehenden Designer_innen. Im Kontext einer einsetzenden Professionalisierung des Berufs „Industriedesigner“ in den 1960er Jahren, kombiniert mit der Auflösung der Werkkunstschulen sowie der Neugründung von Fachhochschulen, war das „Bildungschaos“ für die westdeutschen Gestalter perfekt. Folgerichtig wurde seit spätestens 1973 von einer „Designer-Ausbildungskrise“ gesprochen.

Die Ausbildung zum Industriedesigner erfreute sich seit den 1960er Jahren zunehmend an Beliebtheit. Die steigende Zahl an Studierenden ging jedoch nicht einher mit verbesserten oder veränderten Ausbildungsmöglichkeiten. Vielmehr versuchte jede Kunsthochschule oder Werkkunstschule ihre eigenen Curricula zu entwickeln. Meist gingen die neuen Studiengänge aus ehemaligen Metall-, Holz- oder Schmuckklassen hervor. Neue Formen einer Designvermittlung kamen dabei nicht immer heraus, vielmehr wurde versuchte die alten Ausbildungswege den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Die Auflösung der Werkkunstschulen und die Überführung in Fachhochschulen bzw. Gesamthochschulen führte zu einer weiteren Differenzierung der Designer-Ausbildung. Die insgesamt 24 Fachhochschulen (Stand 1973) boten völlig unterschiedliche Prüfungsmodalitäten an. War bei einer Schule ein Studium ohne Abitur möglich, so war beispielsweise das Abitur – neben einer praktischen Zulassungsarbeit – bei einer anderen Fachhochschule eine Zugangsvoraussetzung. Die Studiendauer variierten von sechs bis acht Semester, ebenso die Anzahl der nötigen Praxissemester bzw. Praktika. Darüber hinaus wurden zwei Abschlüsse vergeben: der „Designer grad.“ und der „Dipl. Designer“. Im Endergebnis schwankte die Qualität der Design-Ausbildung deutlich.

Die bundesdeutsche Wirtschaft begannen seit Ende der 1960er Jahre verstärkt Industriedesigner_innen in ihre Unternehmen zu integrieren. Gleichzeitig war es für die Industrie schwierig, geeignete Gestalter zu finden. Die unklaren Ausbildungsprofile der Industriedesigner waren hierbei mehr als nur kontraproduktiv. Um diese beheben zu können, beauftragte der Rat für Formgebung die Frankfurter Journalistin Dr. Arianna Giachi (1920-2011) mit einer Studie über die gegenwärtige Ausbildungssituation der Designer. Daraus sollten Handlungsanweisungen abgeleitet werden, um die „Designer-Ausbildungskrise“ überwinden zu können.

Anschließend versuchte der VDID zusammen mit dem Rat für Formgebung und der Kultusministerkonferenz eine bundesweite Vereinheitlichung des Industriedesigner-Studiums anzustreben. Hierzu wurde zuerst vorgeschlagen, sich auf nur fünf Ausbildungsinstitutionen zu konzentrieren. Bildung in der Bundesrepublik war Ländersache, daher wurde dieser Vorschlag rasch wieder fallengelassen, weil die jeweiligen Kultusminister landeseigene Ausbildungsorte stärken, aber nie schließen wollten. Einer „Ständigen Konferenz für den Studiengang Industrial Design“ unter der Leitung von Arno Votteler gelang es im Laufe der 1970er Jahre, dass sich die Ausbildungsorte auf ein einheitlicheres Studium des Industriedesigns einigten. Trotz länderspezifischer Charakteristika konnte man seit Ende der 1970er Jahre in der Bundesrepublik Industriedesign studieren, ohne dass dabei die Studieninhalte zwischen Kiel und Freiburg völlig unterschiedlich waren.