Klaus Flesche: Industriedesigner bei der MAN AG

Klaus Flesche (1917-1997) wurde 1917 als Sohn des Kunsthistorikers Hermann Flesche (1886-1972) in Braunschweig geboren. Von 1938 bis 1942 studierte Klaus Flesche Architektur an der Technischen Hochschule in Braunschweig. Anschließend leitete er bei dem Bauamt für Sonderaufgaben der Luftwaffe die Abteilung für Hochbau und Planung. Hierbei übernahm er die Fertigung von unterirdischen Industrieanlagen für die Organisation Todt. Nach seiner Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft war Flesche von 1945 bis 1948 als selbstständiger Architekt in Braunschweig gemeldet. Von 1948 bis 1950 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der TH Braunschweig und promovierte dort 1949 über Kemenate – historische Steinhäuser – in Braunschweig aus dem 12. Jahrhundert.

1951 wurde Flesche im Alter von 34 Jahren leitender Architekt für Brücken- und Stahlbau bei der MAN AG in Mainz-Gustavsburg. Eine seiner ersten Aufgaben bei dem MAN-Konzern war die Karossieregestaltung eines Schnelllastwagen der 4,5t-Klasse. Hierbei setzte Flesche zwei Modellvarianten, nämlich als Haubenwagen und als Frontlenker, durch. Der MAN-Lkw 415 F wurde bis Ende der 1970er Jahre produziert, was ein erstaunlich langer Zeitraum für ein Nutzfahrzeug war.

TEE-Zug der Deutschen Bundesbahn, von Benedikt Dohme, CC BY-SA 3.0

In dem neugegründeten Verband der Deutschen Industriedesigner trat Flesche 1960 rasch nach dessen Gründung ein. Dies kann verdeutlichen, dass Flesche trotz seiner Ausbildung als Architekt sich schnell dem Themenfeld Produktgestaltung näherte.
Auf der documenta III im Jahr 1964 wurden einige Arbeiten wie Lkw-Modelle oder Krankonstruktionen gezeigt. Besonders hervorgehoben waren hierbei Gestaltungsprojekte wie der TEE-Zug, die Diesellokomotive V 320 für die Bundesbahn, eine Stahlbrücke über den Askeröfjord in Schweden oder Hafenkräne in Hamburg und Bremen.

Bis zu seiner Pensionierung 1988 war Flesche bei der MAN AG für Stahlkonstruktion, zunehmend aber auch für die Produktgestaltung von Schienen- und Straßenfahrzeugen zuständig. Hierzu wurde 1967 eigens für ihn ein „Gesamtbereich für Architektur und Design“ in Mainz-Gustavsburg gegründet. Felsche und seine Mitarbeiter waren dadurch für alle Gestaltungsfragen im MAN-Konzern zuständig. Für Flesche stand bei seinen Arbeiten die „Schönheit [..] nicht an erster Stelle, aber anständig aussehen muss jedes Produkt“.

Besonders in den 1980er Jahren war er mit dem Projekt „X90“ beschäftigt. Bei diesem Entwurf für einen zukunftsweisenden Lastkraftwagen setzte Flesche auf ein Baukastensystem für die Fahrerkabine. Dieses vergleichsweise architekturorientierte Modell eines Lkws für 40 Tonnen sollte je nach Bedarf der Kunden ausgestattet werden. Hierzu entwickelte Flesche verschiedene Bausätze für die Fahrerkabine, sodass eine Auswahl an vergleichsweisen einfachen bis zu komplexeren und komfortableren Innenräumen gewählt werden konnte. Da Flesches Entwürfe für die damalige Zeit innovativ erschienen, jedoch im Bezug auf Arbeitsschutznormen und sicherheitstechnische Aspekte kaum realisierbar waren, wurde das Projekt „X90“ nicht verwirklicht. Später wurde teilweise unterstellt, dass der Renault Virages und die Magnum-Reihe des französischen Konkurrenten Renaults Trucks auf Flesches Entwürfen aufbauen würde.

Renault Magnum, von Magdalena Golinski, CC BY 2.5

Klaus Flesche starb 1997 in der Nähe von Wiesbaden. Leider ist jedoch nichts über einen Nachlass in den historischen Archiven der MAN AG oder in einem staatlichem Archiv in Hessen bekannt.

Robert Gutmann: Ein deutsch-britischer Industriedesigner

Der Industriedesigner Robert Gutmann wurde am 18.04.1910 in Augsburg geboren. Er studierte Architektur und Innenarchitektur an der Kunstgewerbeschule Stuttgart und war dort Meisterschüler bei Adolf Schneck. 1935 ging Gutmann nach Berlin und wirkte bis 1937 als selbstständiger Innenarchitekt. Bis 1939 arbeitete er in dem Berliner Büro von Fritz August Breuhaus de Groot. Im Juni 1939 flüchtete Gutmann und seine jüdische Frau nach England vor den Verfolgungen in Deutschland. Gutmann arbeitete dann viele Jahre in der Planungsabteilung des Automobilunternehmens Jaguar bei Conventry. Nach dem 2. Weltkrieg schloss sich Gutmann der Design Research Unit um Misha Black in London am Royal Collage of Art sowie dem „Studio 2“ in Wien an. Er wurde später in Großbritannien wegen seiner Verdienste als Industriedesigner und Hochschullehrer zum „Fellow of the Society of Industrial Artists“ ernannt (SIA).

Gutmann führte in London und später ebenfalls in Stuttgart – in Zusammenarbeit mit Arno Votteler – ein selbstständiges Design-Büro, das auf die Inneneinrichtung von Läden, Restaurants, Büros, Ausstellungsräumen und Sitzungssälen spezialisiert war. Er kam seit 1953 immer wieder in die Bundesrepublik Deutschland und engagierte sich bei westdeutschen Designinstitutionen. Neben seiner Arbeit als Produktdesigner war er ebenfalls als Designberater für viele verschiedene Firmen in Westdeutschland, der Schweiz, Österreich und Schweden tätig. Beispielsweise entwarf er für die planmöbel GmbH.

Schreibtisch der Studie 60, Planmöbel Eggersmann, Design von Arno Votteler, 1962, Abbildung von Arno Votteler, Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Von 1968 bis 1973 war Gutmann fachlicher Leiter des Rats für Formgebung. Daneben war er von der Gründung 1969 bis Ende 1973 der fachliche Leiter des Internationalen Design-Zentrums in (West-)Berlin. Beim Rat für Formgebung hatte Gutmann u.a. dem Bundespreis „Gute Form“ 1969 eingeführt und zu dem zentralen bundesdeutschen Designpreis geführt. Parallel dazu entwarf er von 1969 bis 1971 zusammen mit Arnold Bode das Konzept einer international Design-Ausstellung, die als „Design-Expo“ 1972 parallel zu den Olympischen Spielen in West-Berlin hätte gezeigt werden sollen, von der sowjetischen Militäradministration jedoch verhindert wurde. Gleichzeitig zu solchen Aktivitäten war Gutmann Dozent am Royal College of Art in London, Gastdozent am Farbpsychologischen Institut in Salzburg und hatte einen Lehrauftrag für Gestaltungslehre an der Technischen Hochschule Wien.

Robert Gutmann war ein Industriedesigner, der nach dem 2. Weltkrieg verbindend zwischen bundesdeutschen und britischen Gestaltern agierte. Sein Bericht von 1954 „Aus dem Tagebuch eines Designers in England“ (Bauen + Wohnen [9/3], S. 135-136) ist nur ein anschauliches Beispiel hierfür. Da er sowohl in Großbritannien als auch in Westdeutschland in Fachkreisen erfolgreich vernetzt war, bildete er eine – bis jetzt von der Designhistoriographie – unterschätze ,Brücke‘ zwischen beiden Ländern. Für den Austausch von Fachdebatten war Gutmann einer der zentralen Persönlichkeiten. So orientierten sich beispielsweise die ersten VDID-Mitglieder bei der Verbandsgründung 1959 zuerst an der britischen Design-Definition, die über Gutmann zu Votteler und damit zu der Gründungsversammlung kam.

Gutmann verstarb am 22.08.1981 im Alter von 71 Jahren in London. Zu seinem Andenken wurde 1982 für einige Jahre der „Bob-Gutmann-Förderpreis für junge Designer“ an Teilnehmer der Design-Börse des Hauses Industrieform Essen vergeben.

Philip Rosenthal in der Designgeschichte

Philip Rosenthal (1982), Bundesarchiv, B 145 Bild-F062779-0019, von Harald Hoffmann, CC-BY-SA de

Vor fast einem Jahrhundert wurde der Unternehmer, SPD-Politiker und Designenthusiast Philip Rosenthal (1916-2001) geboren. Rosenthal war eine der prägenden Persönlichkeiten in der Bundesrepublik. Neben seinen vielen Erfolgen als Vorstandsvorsitzender sowie später als Aufsichtsratsvorsitzender der väterlichen Rosenthal AG in Selb, war er ständig in den verschiedenen Medien präsent. Nicht umsonst wurde kolportiert, dass seine Initialen eben auch für Public Relations standen.

Für die bundesdeutsche Designgeschichte ist Philip Rosenthal trotz oder gerade wegen seiner verschiedenen Tätigkeitsfelder interessant. Jüngst hat Alexandra Siemen-Butz in ihrer Dissertation die Facetten Politik und Unternehmen in Rosenthals Leben herausgearbeitet. Eine dezidierte Analyse seines Engagements im Design fehlt derzeit noch. Diese Lücke werde ich mit einem Kapitel meiner Arbeit füllen. Rosenthal hatte dabei wegen seinen verschiedenen Positionen und

Tätigkeiten eine wichtige Rollen gespielt. Von 1968 bis 1977 war er Vizepräsident und dann von 1977 bis 1986 Präsident des Rats für Formgebung. Darüber hinaus gehörte er dem Vorstand des Gestaltkreises im BDI sowie des IDZ Berlin an und hatte beim Bauhaus-Archiv zeitweilig die Präsidentschaft inne. Gleichzeitig war Rosenthal bei vielen Designer_innen alles außer unumstritten. Seine Mitgliedschaft im Werkbund wurde ihm in Bayern, dem Bundesland seines Wohn- und Dienstortes, verwehrt. Der Werkbund Hessen nahm ihn jedoch auf, vermutlich da der Sitz des Rats für Formgebung in Darmstadt und damit in Hessen lag.

Eine Biographie zu Rosenthal mit einem dezidierten Schwerpunkt auf seine lebenslangen Tätigkeiten und sein Engagement für Design jedweder Art wäre ein faszinierendes Projekt. Rosenthals Leben als Erzählstrang wäre sicherlich möglich und für Leser dank großer Zusammenhänge sowie spannender Details ein Erfolg. Dass seine Biographie auch voller Anekdoten war, veranschaulicht beispielsweise das Radiofeature von Gabi Schlag oder ein Blick in Rosenthals lesenswertes Buch „Einmal Legionär“ von 1980 (Rezension im Spiegel 1981). Das „Vermächtnis des Porzellankönigs“ behütet heute seine ehemalige Lebensgefährtin Beate Reichel in Erkersreuth. Das Schloss ist nicht nur ein eindrucksvoller Wohnraum, wie die Wohnreportage des A&W-Magazines von 2009 zeigen. Eine Untersuchung dieses Domizils mit design- und auch kunsthistorischen Fragestellungen wäre aller Aufwand wert und würde Philip Rosenthal gerecht werden.

Digitale Quellen zur deutschen Designgeschichte

Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Arbeitswerkzeugen sind heute in der Historiker-Zunft Grundvoraussetzungen für die eigenen Tätigkeiten. Die digitale Zugänglichkeit von Wissen, seien es Fachliteratur, Bildquellen oder audiovisuelle Dokumente, werden dabei ebenfalls zunehmend wichtiger. Die Ideen, Ansätze und auch Lösungen sind hierbei vielfältig, der Trend „alles online zu stellen“ verstetigt sich scheinbar. Viele spannende, wichtige und witzige Zugänge finden sich beispielsweise bei den Projekten dem Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte. Aber was hat die Designgeschichte davon und welche Möglichkeiten werden derzeit angeboten?

Designgeschichte fristet an der deutschen Universitäts- und Hochschullandschaft ein Schattendasein – beispielsweise im Vergleich zu Großbritannien. Verwunderlich ist es daher kaum, dass die Anzahl der digitalen Projekte zur deutschen Designgeschichte eher begrenzt sind. Trotz allem gibt es viele Ansätze, deren Ideen und Umsetzungen sicherlich gelungen sind. Einen dezidierten Quellenblog zur deutschen Designgeschichte, wie beispielsweise der Blog „Napoleon auf der Spur“, gibt es (derzeit) leider noch nicht.

Eine der wichtigsten Online-Präsentation zur bundesdeutschen Designgeschichte ist sicherlich www.frauen-hfg-ulm.de. Zusammen mit dem Buchprojekt „Frauen an der hfg ulm“ (2007) wurde unter der Leitung von Gerda Müller-Krauspe diese Internet-Domain entwickelt. Ziel ist es hier die Gründerin, Studentinnen, Mitarbeiterinnen und die sehr wenigen Dozentinnen der ehemaligen Hochschule für Gestaltung mit Kurzbiographien und Werkphotographien zu präsentieren. Ähnlich wie das Buch wird neben dem kollektivbiographischen Ansatz auch die Unterrichtsklasse an der HfG, wie beispielsweise „Produktgestaltung“ oder „Visuelle Kommunikation“, unter Aspekten der Geschlechter beschrieben. Einen anderen, ebenfalls vielversprechenden Weg wählte ein Team um Robert Lzicar an der Hochschule für Künste Bern. Unter mappingswissgraphicdesignhistory.ch wird die Geschichte des Schweizer Graphik-Designs mit Zeitstrahl zu Publikationen und Interviews von wichtigen Gestalter_innen präsentiert. Zwar befindet sich die Seite noch im Aufbau, was jetzt schon sichtbar ist, weiß zu überzeugen. Dieser eingeschlagene Weg bietet Potential für viele weitere Anwendungsbeispiele.

Für die tägliche Arbeit am eigenen Schreibtisch ist auch der Zugang zu digitalisierter Literatur, besonders von gedruckten Quellen, von unschätzbarem Vorteil. Die digitale Sammlung der Weimarer Bauhaus-Universität hat beispielsweise schon einige Zeitschriften und Buchpublikationen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht. Teilweise digitalisiert sind etwa auch einige Ausgaben der ostdeutschen Designzeitschrift „form + zweck“. Bedauerlicherweise ist das Online-Archiv der westdeutschen „form“ schon länger offline. Es bleibt zu hoffen, dass die Jahrgänge zwischen 1956 und 1990 dieser wichtigsten bundesdeutschen Designzeitschrift wieder online verfügbar sein werden. Die Zeitschrift „ulm“ der ehemaligen HfG Ulm wurde in einem Projekt von Gui Bonsiepe wieder digital zugänglich gemacht , wenn auch leider die einzelnen Beitrage durch fehlende Originalangaben wie Seitenzahlen nicht zitierbar sind.

Eine andere digitale Präsentation aus dem Umfeld der HfG Ulm ist der Vorlass von Nick Roericht. Das ganze Wirken von Roericht wird auf dieser Seite in Verbindung mit vielen Abbildungen und seiner eigenen Bibliothek präsentiert. Auf ähnliche Art und Weise werden beispielsweise die Ideen und Texte von Lucius Burckhardt auf www.lucius-burckhardt.org zugänglich gemacht. Die beiden Graphiker Gunter Rambow und Helmut Schmid stellen ebenfalls ihre Arbeiten und Entwürfe aus mehreren Jahrzehnten bereit. Eine dezidierte Bilddatenbanke zum Thema Design ist das „digitale design archiv“ aus Dessau, welches in das Bildarchiv für Forschung und Lehre „Prometheus“ integriert ist. Die private Fotosammlung von Günter Höhne mit über 1.500 Abbildungen zum Thema DDR-Design ebenfalls eine gute Adresse für das ostdeutsche Design zwischen 1945 und 1990.